Wir sind vom östlichen Rand gekommen, von dort, wo der Oderstrom und die schwarz-rot-gelben Grenzsteine (aus Kunststoff) auch die Barnimgrenze markieren. Der Weg geht über Wiesen, auf denen wieder Auerochsten stehen, Kraniche und Gänse sich auf den großen Zug einstimmen, geht über die Westoder ins Tausendseelendorf Lunow. Fachwerkhäuser zwischen Rauputzfassaden, der Kindergarten aus Wilhelminischer Zeit, an jeder Ecke weisen Schilder den Weg in Luunschem Platt. In der Bauernstraße, jetzt habe ich die platte Entsprechung vergessen, finden wir die Gaststätte.

Auf der Terrasse stehen zeitgemäße Plastikstühle, Namen von allgegenwärtigen Eis- und Bieroligarchen sind zu lesen und der Aushang der Speisekarte ist leichtmetallgerahmt. Tritt man in den Gastraum, verbiegt sich der Zeitstrahl und der Besucher fällt in ein Kontinuum, in dem sich die Jahrzehnte begegnen. Die Theorie die solche Phänomene erklärt, ist so alt wie die Unternehmung unserer Gastgeber.

Das Beste aus den … Wo fange ich eigentlich an? Beim Kachelofen, beim Muster der Tapete, beim Dämmerlicht wie einst in der Mitropa?

Es begann in den Zehnerjahren des vergangenen Jahrhunderts. Der Familie Quilitz wurde vor über hundert Jahren mit dem Schankrecht quasi das Recht zum Braten von Kartoffeln für die Allgemeinheit erteilt. Vor dem Krieg, dem Ersten, gestempelt von einem kaiserlichen-preußischen Beamten, hängt das Zertifikat auf einer Tapete, vermutlich aus den siebziger Jahren.

Herr und Frau Quilitz hatten offensichtlich nur für uns Kartoffeln geschält. Wir waren an diesem Herbsttag die einzigen Gäste. Bald wussten wir Bescheid, über Haus und Hof. Na, zumindest alles über den neuen Hund. Und dass die Gäste ausbleiben, sobald sich die Saison beruhigt, das sahen wir selbst. Um so persönlicher fühlt man sich mit den Kartoffeln gemeint. Diese wurden gerade erst von Hand geschnitten und haben auf uns gewartet. Während wir uns an der Limonade festhalten, klappert und brutzelt es in der Küche. Ein Koch oder eine Köchin am Herd hat zwischen den Übeln abzuwägen, den Gast etwas länger warten zu lassen oder die Kartoffeln aus der Pfanne zu heben, bevor sie knusprig sind. Laienkünstler beugen dem mit angebratener Ware vor. Aber das ist hier nicht der Fall. Die Pfanne scheint groß, die Flamme heiß und die Knollen gut. Nun, die Bratkartoffeln sind nicht eben knusprig, dafür schmecken sie noch nach Kartoffeln. Der Wels ist auf den Punkt gebracht und die Salatbeilage liegt auf Pressglas neben dem Teller, so dass das Dressing keine Chance bekommt, die Kartoffeln von untern anzusäuern. Was gibt es mehr zu sagen? Den Preis habe ich vergessen. Fair war er bestimmt. Es wird von ihm auch kein Webdesigner bezahlt. Im weiten Netzt ist von Quilitz nicht mehr als die Telefonnummer zu finden. Also, vielleicht mal anrufen und fragen, ob die Kartoffeln schon geschält sind.